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Ein Jahr nach German Wings Absturz – Experten fordern strengere Kontrollen

Dienstag, 15. März 2016

Ein knappes Jahr nach dem Germanwings Absturz legt die französische Flugunfallbehörde ihren Bericht über die Ereignisse vor. Die Experten fordern strengere medizinische Kontrollen für die Piloten. Angehörige der Opfer überlegen außerdem, die Fluggesellschaft in den USA auf einen höheren Schadensersatz zu verklagen.

Der Copilot Andreas L. hat am 24. März 2015 mutmaßlich einen Airbus 320 auf der Route von Barcelona zum Flughafen Düsseldorf in den französischen Alpen zum Absturz gebracht. Experten halten es für bewiesen, dass Andreas L. sich im Cockpit einschloss und das Flugzeug absichtlich verunglücken ließ. Der Vorfall, bei dem alle 150 Insassen starben, erschütterte die Öffentlichkeit weit über europäische Grenzen hinaus und löste zahlreiche Kontroversen rund um das Thema Flugsicherheit aus.

Die französische Flugunfallbehörde BEA leitet die Untersuchungen um die Ursachen und Schuldigkeit rund um den Germanwings Absutrz vor einem Jahr. Vergangenes Wochenende legte sie nach einjährlichen Untersuchungen ihren Abschlussbericht über den Germanwings Unfall vor.

Ein Arzt diagnostizierte vor der Tat Suizidgefahr - BEA fordert strengere Kontrollen

Untersuchungen zufolge hatte Andreas L. im Zeitraum des Absturzes unter starken psychischen Problemen gelitten, habe Antidepressiva genommen und sei suizidgefährdet gewesen. Zwei Wochen vor der Katastrophe habe ein Arzt bei L. eine mögliche Psychose festgestellt und eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik empfohlen. Trotz dieser schwerwiegenden Diagnose wurden aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht weder Behörden noch sein Arbeitgeber Germanwings informiert. Um ähniche Unglücke in der Zukunft zu vermeiden fordert die BEA, dass bei der Schweigepflicht der Ärzte Ausnahmeregelungen greifen müssen. In solchen Fällen nämlich, in denen ein Patient die öffentliche Sicherheit gefährden könnte. Die Sicherheit der Allgemeinheit stehe in diesen Fällen über der Privatsphäre des Patienten, so die BEA. Darüberhinaus forderte der Untersuchungsausschuss generell strengere medizinische Routinekontrollen im Hinblick auf psychiatrische und psychologische Probleme bei Piloten, vor allem mit dementsprechender medizinischer Vorgeschichte. Die BEA schickte ihre Empfehlung an alle EU-Mitgliedstaaten und an die Europäische Agentur für Flugsicherheit.

Ein Jahr nach dem German Wings Absturz fordert die französische Flugunfallbehörde strengere Kontrollen bei Piloten.

Sicherheitsvorkehrungen an Bord

Andreas L. schloss sich kurz vor der Tat im Cockpit ein, und konnte so von niemandem aufgehalten werden. Auch dies löste eine Kontroverse aus – sollte die Verriegelung des Cockpits von innen wieder abgeschafft werden? Dies schloss die BEA in ihrem Bericht aus. Ihrer Einschätzung nach sei die Verriegelung der Cockpittüren von innen wichtig um gegen beispielsweise terroristische Bedrohungen aus dem Passagierraum des Fliegers geschützt zu sein. Dennoch führten viele Fluggesellschaften als Reaktion auf den Absturz der Germanwings Maschine von sich aus bereits die Regelung ein, dass sich immer mindestens zwei Personen im Cockpit befinden müssen.

Anwälte der Opfer-Angehörigen sehen fen Fehler weniger in Sicherheitsvorkerungen an Bord als an menschlichem Versagen. „Er [der Bericht] zeigt deutlich die Mängel bei der Auswahl, der Einstellung und der Überwachung des Copiloten. Der Lufthansa-Konzern hat einen psychisch vorbelasteten Pilotanwärter eingestellt und ausgebildet, ein Fehler mit schrecklichen Folgen. Weiterhin wurde er trotz einer Einschränkung der Flugerlaubnis wegen der Vorerkrankung nicht mehr psychiatrisch untersucht.“, so der Anwalt Christoph Wellens.

Angehörige wollen in den USA klagen

Auch einige der Opferfamilien sind unzufrieden mit Lufthansa und deren Reaktion auf den Unfall. Lufthansa bot den Familien pro verlorenem Angehörigen eine Soforthilfe von 50.000 Euro an, dazu ein Schmerzensgeld von 25.000 Euro. Außerdem solle jeder nähere Angehörige zusätzlich 10.000 Euro erhalten. Den Anwälten der Familien war das deutlich zu wenig. In anderen Ländern werden Angehörigen eines Flugzeugabsturzopfers weit mehr ausgezahlt. Da der Copilot teilweise in den USA ausgebildet worden war, erwägen einige der Angehörigen, hier vor Gericht zu ziehen und auf emotionalen Schadensersatz zu klagen. In den Vereinigten Staaten wurden bei Flugzeugabstürzen bereits bis zu 4,5 Millionen Euro Scchadensersatz gezahlt.

Bislang ist keine Klage eingereicht, derzeit verhandeln Vertreter der Betroffenen direkt mit der Fluggesellschaft in Deutschland.

Geschrieben vom Team Flug-Verspaetet.