Triebwerk

Vergiftung durch Flugzeugluft als Arbeitsunfall anerkannt

Dienstag, 19. Juli 2016

Zum ersten Mal wurde eine Vergiftung durch schädliche Flugzeug-Kabinenluft in Deutschland als Arbeitsunfall anerkannt. Weltweit ist es der zweite Fall, in dem das Erkranken eines Besatzungsmitglieds in Zusammenhang mit verunreinigter Kabinenluft als Berufsunfall anerkannt wurde. Demzufolge kam es auf dem Lufthansaflug aus dem Jahr 2013 während der Landung zu einem sogenannten Fume Event, bei dem kontaminierte Luft aus den Triebwerken in den Kabineninnenraum strömt. Eine Flugbegleiterin zeigte daraufhin Symptome einer Vergiftung und wurde für mehrere Monate krankgeschrieben.

Erst jetzt, nachdem die Stewardess bereits 2014 Klage am Sozialgericht Hamburg eingereicht hatte, erkannte die Berufsgenossenschaft (BG) Verkehr Hamburg den Vorfall als Arbeitsunfall an. Die Entscheidung beruht auf Gutachten von Experten, die die Symptome mit dem Vorfall in Verbindung bringen konnten. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) stufte den Vorfall bisher weder als "schwere Störung" oder "Unfall" ein und gab an, von dem Urteil erst auf Anfrage von Medien erfahren zu haben. Politiker kritisieren diese fehlende Kommunikation der BG und BFU, "Offenbar besteht gar kein echtes Interesse. Diese Nullkommunikation sorgt dafür, dass Fälle unter den Tisch fallen und die Fluggesellschaften ihrer gesetzlichen Meldepflicht nicht nachkommen.", so Markus Tressel (Grüne) im Gespräch mit der Welt.

Fume Events: Wenn Flugzeugluft krank macht

Bei einem sogenannten „Fume Event“ passiert es, dass die Luft, die ins Innere des Flugzeugs geleitet wird, mit schädlichen Gasen vermischt wird. Dies geschieht, da die Kabinenluft aus den Triebwerken stammt, wo sich unter Umständen Rückstände von Kerosin oder Ölen sammeln können. Diese Öle wiederum setzen bei hohen Temperaturen gesundheitsschädigende Stoffe frei, die sich durch einen beißenden Geruch bemerkbar machen. Durch alternative Methoden der Lufteinspeisung oder durch Filter könnte das Risiko ausgeschlossen werden. Allerdings gibt es, u.a. aus Kostengründen, bislang kaum Flugzeugmodelle, bei denen die alterativen Techniken zur Luftreinigung eingesetzt werden.

Die Gewerkschaft Verdi sowie die Pilotenvereinigung Cockpit kritisieren, dass dem Thema Fume Events zu wenig Aufmerksamkeit beigemessen wird. Die Gewerkschaften bemängeln weiterhin, dass von Seiten der Berufsgenossenschaft (BG) standardisierte Biomonitoringverfahren an Board abgelehnt, zugleich aber eine "restriktive Anerkennungspraxis" verfolgt würde. Eine Anfrage im Bundestag ergab, dass der BG rund 1000 Fälle vorliegen, bei denen Flugbegleiter oder Piloten angaben, durch verunreinigte Kabinenluft vergiftet worden zu sein. Diese Fälle wurden alle zwischen Januar 2014 und Februar 2016 eingereicht.

Geschrieben von Team Flug-Verspaetet.de

Triebwerk Turbine Flugzeug

In den Turbinen kann die Luft mit Giftstoffen kontaminiert werden.